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Kleptokratie ist eine Neubildung aus dem Griechischen: kléptein („stehlen“) und krateïn („herrschen“). In wörtlicher Übersetzung bedeutet es: „Herrschaft der Diebe“ oder „Herrschaft der Räuber“. Zum Osterfest 1074 hatte Erzbischof Anno von Köln den Bischof von Münster in seinen Palast eingeladen. Für dessen Rückreise ließ der Kölner Kirchenfürst durch seine Diener das zu einer Handelsreise mit Waren beladene Schiff eines reichen Kölner Kaufmanns beschlagnahmen. Das löste in der Stadt einen Aufstand gegen den Erzbischof aus, „der so oft Widerrechtliches anordne, so oft Unschuldigen das Ihre wegnehme, so oft die ehrenwertesten Bürger mit den unverschämtesten Worten anfalle“ und „mit tyrannischem Hochmut über sie“ schalte (Evamaria Engel, Die deutsche Stadt des Mittelalters, S.39). Mit Hilfe von Bauern der Umgebung, gelang es dem Kölner Erzbischof, den Aufstand niederzuschlagen; die von den Bürgern erbetene Unterstützung durch König Heinrich IV. blieb aus.
Städte und Transaktionskosten
Im deutschen Reich kommt es überall zu sog. Eidgenossenschaften nach Kölner Vorbild (Richerzeche). Feudale Stadtherren erkennen die Vorteile von Stadtverfassungen: sie garantieren Bürgerrechte und bieten ihren Muntlingen besonderen Schutz im Fernhandelsverkehr. Es bilden sich richtige Stadtrechtsfamilien bei den im Zuge der Ostkolonisation neu gegründeten Städten. Reichsstädte und Städtebünde - wie die Hanse – stehen unter königlichem Schutz. Ökonomische Transaktionen werden sicherer, die Transaktionskosten sinken, der Wohlstand steigt. Gleichwohl kommen die Städte im Reich immer mehr unter die Räder der feudalen Kleptokraten. Überfälle auf reiche Städte lohnen sich. Geschicktes Heiraten erhöht die Chancen, sich an europäischen Erbfolgekriegen gewinnbringend zu beteiligen. Das führt zu Risiken und aufwendiger Militärpolitik. Politische Blockade der Machthaber im Reich führt zu ständig sinkendem Einfluss der Städte und endet im Dualismus zwischen Preußen und Österreich, der letztlich 1806 zum Reichsdeputationshauptschluss führt und Deutschland zum Spielball benachbarter Staaten macht.
Transaktionskostensenkung in der Neuzeit
Stein-Hardenbergsche Reformen in Preußen und Nachahmer in anderen Staaten stärken die Städte. BGB, HGB und Verwaltungsrecht geben wichtige Normen für das Wirtschaftsleben. Städte werden wieder zu bedeutenden Innovations- und Kristallisationskernen der Industrialisierung. Städtische Gewerbeschulen entstehen, sie lehren die Kinder Realien und weisen ganz praktisch nach, wie bessere Bildung den Wohlstand über sinkende Transaktionskosten fördert. Mit der Reichsgründung kommt es zur Erweiterung der Märkte. Starker Strukturwandel führt zu wachsender Immigration und sozialen Spannungen. Munizipalsozialismus kommt auf: die Städte werden zu Schwerpunkten tiefgreifender sozialer Auseinandersetzungen.
Ökonomische Folgen zweier Weltkriege
Der Erste Weltkrieg und der Versailler Vertrag belasten die Städte. Die Weltwirtschaftskrise verschärft die Armut in den Städten, sie haben den größten Teil der Folgen zu tragen. Danach kommt die erprobte und lange Zeit erfolgreiche kommunale Selbstverwaltung immer mehr in die Finanzkrise. Der Zentralstaat dehnt seine Steuerbasis zu Lasten der Kommunen aus. Die Machtübernahme der Nazis führt zur Aufrüstung, in deren Folge die Städte immer mehr in Bedeutungslosigkeit versinken. Sie litten ganz besonders unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges: verheerende Zerstörungen der Bausubstanz und Infrastruktur treffen sie vor allem.
Oligopolistische Kleptokratie im Westen
Die Bundesrepublik wird im Laufe der Zeit zu einem "kleptokratischen System", in dem Parteien, Bundes- und Länderbürokratien und mächtige Interessenverbände ständig auf der Jagd nach geldwerten Vorteilen sind. Juristen, Kultusbürokraten, „private“ und staatliche Sozialbürokraten, Stadtplaner und Architekten übernehmen die wichtigen Rollen im Staat. In den Schulen verschwinden die Realien. Wirtschaftswissen wird dort nicht mehr vermittelt. Ökonomischer Analphabetismus breitet sich aus. Immer mehr Aufgaben wurden von Bund und Ländern übernommen und an die Kommunen als Auftragsverwaltung durchgereicht. Das zehrt an den finanziellen Grundlagen der Kommunen. So war Bundesrepublik im Jahre 1989 in keiner guten Verfassung.
Sozialistische Parteikleptokratie im Osten
Im Osten Deutschlands führten die Sowjets das sozialistische >Muckefuck<-Wirtschaftssystem mit aller Gewalt ein und beseitigten die verbliebenen Reste der bürgerlichen Ökonomie. Die Städte hatten sich dem zentralistischen Regime des SED-Politbüros unterzuordnen. Die Transaktionskosten stiegen, weil die Bedingungen für erfolgreiches privatwirtschaftliches und bürgerschaftliches Handeln - über Jahrhunderte in den Städten entstanden und gepflegt - sich radikal verschlechterten. Die Städte zerfielen bei der Eigentums- und Niedrigmietenpolitik der sozialistischen Machthaber. Nach Implosion der DDR und ihrem politischen und ökonomischen Zusammenbruch kommt es zum Einigungsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten.
Verfassungsprobleme
In atemberaubend kurzer Zeit expandiert das westdeutsche Regierungssystem nahezu unverändert in den Osten. Alle Beteiligten waren sich einig. Das gemeinsame Motto: Alles soll so bleiben, wie es ist. So viel Einigkeit zwischen Politik, Bürokratie und Interessenverbänden war nie. Unfähige Funktionseliten machten sich nun an den Aufbau im Osten. Bei einer 48-monatigen Legislaturperiode des Bundestages und 16 Bundesländern kommt es rein rechnerisch alle drei Monate zu Wahlen. Auch Kommunalwahlen erlangen bundespolitische Bedeutung, wie sich gerade an der Diskussion über die Pendlerpauschale nach den Einbrüchen der CSU bei Kommunalwahlen in Bayern zeigt. Wir konstatieren instabile politische Mehrheiten in Bund und Ländern. Die Wahlbeteiligung sinkt, weil immer mehr Bürger den Sinn von Wahlen nicht begreifen. Gewinner in der unklaren Kompetenzverteilung sind die zahlreichen Bürokratien auf allen Staatsebenen. Es gibt über 1000 Bund-Länder-Kooperationsgremien, in denen Bürokraten aus Bundes- und Länderministerien die Politik gestalten. Die Kommunen bleiben aussen vor, sie haben keinen Einfluß. Westdeutsche Verwaltung ist von Juristen, Sozialingenieuren und Architekten dominiert.
Es herrscht ökonomischer Analphabetismus. In der ostdeutschen Verwaltung wirken 40 Jahre marxistisch-leninistische Indoktrination immer noch nach. Alte Nomenklaturen aus SED und Blockparteien haben dort das Sagen. Der Marxismus / Leninismus produzierte zwar nur Muckefuck-Ökonomen, aber die entwickelten sich mit der Zeit zu wahren Meistern der Jagd nach Staatsplanmitteln und der Diskreditierung von möglichen Konkurrenten.
Innenbürokraten beherrschen die Städte
Alle Bundesländern haben die Verwaltungsausbildung von Bürokraten monopolisiert. Sie pflegen ein völlig veraltetes Rekrutierungssystem. In NRW wurde die von den Engländern stammende Dualverfassung (Stadtdirektor / Bürgermeister) abgeschafft. Die Akkumulation wertvollen Managementwissens durch das System der Stadtdirektoren in den Kommunen wurde unterbunden. Parteitreue Autodidakten rücken nun an die Spitze der Städte. Handwerkliche Fehler im Verwaltungsmanagement häufen sich. Aufsichtsinstanzen in den Länderinnenministerien greifen immer öfter ein. Der höhere Verwaltungsdienst wird in einer Einheitslaufbahn zusammen mit Anwälten und Richtern ausgebildet. Der gehobene Verwaltungsdienst muß dümmer sein und bleiben als der höhere Dienst. Die Grenzen zwischen den Kasten sind bis auf wenige Ausnahmen undurchlässig.
Ökonomik, Informatik, modernes Rechnungswesen, Statistik und weitere für das Management von Städten wichtige Studieninhalte werden dem gehobenen Dienst auf niedrigst möglichem Niveau vermittelt. Der höhere Verwaltungsdienst hat nur das auf den Schulen vermittelte ökonomische Nichtwissen. Innenminister betreiben Territorial- und Funktionalreform, sie dominieren im „Krieg“ zwischen Oberzentren und Umlandgemeinden. Die Mehrheitsverhältnisse in den Kommunen ändern sich zu Lasten der Zentren und Innenstädte. Kleingemeinden plustern sich zu Mittelstädten auf. Großflächige Einkaufsparks auf der grünen Wiese schwächen die Städte. Sowohl im Osten als auch im Westen sieht man den ständig zunehmenden Zentralitätsverlust der Oberzentren.
Sozialbürokratie profitiert und macht arm
Arbeit ist mit Aufwand verbunden. Arbeitszeit, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit, Weiterbildung, Verpflegung während der Arbeit. Man kann das als Leid der Arbeit bezeichnen. Es wird jedoch belohnt mit Arbeitseinkommen. Dagegen verlangen die Sozialbehörden Nachweise über die soziale Situation: Einkommen, Wohnkosten, Anzahl der Kinder. Empfänger von Sozialhilfe haben dabei mit mehreren Ämtern zu tun. Vor Amtszimmern bilden sich in der Regel Warteschlangen. Man kann das als >Leid der Behördengänge< bezeichnen. Es wird mit Sozialeinkommen belohnt. Je perfekter das Sozialtransfersystem ausgebaut ist, umso mehr Menschen verlassen sich auf die schützenden Wirkungen der sozialen Hängematte. Es werden weniger Anstrengungen unternommen, um in normale Arbeitsverhältnisse zu kommen. Kindern in solchen Systemen ist der Sinn von guter Ausbildung und wohlstandschaffender Arbeit nur schwer zu vermitteln. Die wirtschaftsferne Ausbildung in deutschen Schulen tut ein übriges. Die Kinder erleben täglich, daß man auch mit einer anderen Lebensorientierung ohne Arbeit weiter kommt. Der Wettbewerb um Wählerstimmen gebiert weitere sozialpolitische Wohltaten. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Hartz-Transfers sind nach gleichem Prinzip aufgebaut: Freigrenzen, Freibeträge und Obergrenzen werden als politische Güter gehandelt. Das System wird immer komplexer und ist letztlich kaum noch zu durchschauen. Gesetze und Tarifverträge regeln die Finanzierung von Sozialpolitik durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das hat Auswirkungen auf die Beschäftigung (Lohnnebenkosten).
Bau-, Verkehrs-, Kultus- und Wohnungsbürokratie
In europäischen und deutschen Amtsstuben arbeiten ganze Heerscharen von Beamten an kommunalen Problemen.
Fördermittelerfinder
sind gesuchte Gesprächspartner für Exzellenz- und Akkreditierungsmanager in Hochschulen, Eventmanager (sie sorgen sich z. B. um die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft auf der Düsseldorfer Kö), Freizeitökonomen (sie setzen den Rhein in Flammen), Urbanistiker (sie arbeiten am Stadtumbau Ost/West), Verbände und Bürokraten in Brüssel, Berlin und den Landeshauptstädten tun ein übriges. Dazu kommen Fördermittelwerber . Das sind Ministerialbeamte, Wahlkämpfer in Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen. Dann gibt es noch die Fördermitteladministratoren: sie arbeiten an Richtlinien, prüfen Fördermittelanträge und verteilen die Finanzmittel. Das System findet seine Fans: Minister, Oberbürgermeister, Dezernenten, Mischfinanzierungsjongleure und Consultingunternehmen. Die Transaktionskosten selbst bei simplen kommunalpolitischen Entscheidungen steigen enorm an, weil Handlungsprogramme an die Fördermittelrichtlinien angepasst werden müssen, damit überhaupt Geld fließt.
Die Arbeit an Ökonomie-Lehrbüchern für deutsche Schüler liegt weiterhin in den Händen der GEW. Die tun also was für Arbeitsplätze.
Die Dummen sind letztlich die Steuerzahler und die Städte. Die unnötige Bürokratie verschlingt immer größere Anteile am Bruttosozialprodukt und keiner merkt es.